Übergewicht verloren – Lebensqualität gewonnen
Zu gut fühlt sich der 36-jährige Familienvater heute, nachdem er durch den ersten derartigen Eingriff am KSW bereits drei Monate nach der Operation mehr als 30 Kilo verloren hat.
«Je öfter ich jedoch mit meiner Partnerin darüber sprach, desto klarer wurde für mich, dass ich lieber eine Operation hätte … Ich wollte definitiv einen dicken Schlussstrich ziehen.»
«Den Ausschlag, mich unters Messer zu legen, gab letztlich meine kleine Tochter», erzählt Georges G. «Mehr und mehr hatte ich Mühe, mich zu ihr hinunterzubeugen. Als sie zu laufen begann, bekam ich zudem Angst, dass sie mir einmal auf der Strasse entwischt und ich ihr nicht folgen kann. Eine Horrorvorstellung.»
Zuvor sei der Leidensdruck nie allzu gross gewesen. Wegen seiner Postur sei er zwar immer mal wieder gehänselt worden. «Doch richtig geschämt habe ich mich nie – höchstens im Sommer in der Badi. Wohl auch, weil ich ein positiver Mensch bin und stets die volle Unterstützung von meiner Lebenspartnerin und meinem engen Umfeld hatte. Ohne sie hätte ich es nie geschafft. Ihnen bin ich ewig dankbar.»
Vielfältige Interessen
Das Übergewicht begleitet Georges G. schon seit seiner Jugend. So wenig ihn sein Aussehen störte, so wenig liess er sich deswegen daran hindern, seinen Hobbys nachzugehen. Allerdings immer schön einem nach dem anderen. Zu vielfältig waren und sind seine Interessen. So war Georges G. eine Zeitlang intensiv tauchen gegangen und hatte viel in die Ausrüstung investiert. Irgendwann war dann jedoch die Faszination Modellbau grösser. «Angetan hat es mir alles, was fliegt», erzählt der IT-Fachmann. «Ich besass damals auch eine eigene Drohne.» Wie das Tauchen sei das eine äusserst intensive Phase gewesen, die irgendwann vorüber war. «Wenn ich mich für etwas interessiere, arbeite ich mich jeweils tief ins Thema ein. Bis meine Neugier befriedigt ist und ich mich nach etwas Neuem umschaue.»
«Ich weiss sehr viel über die Krankheit»
«Ähnlich war es mit dem Übergewicht», erklärt Georges G. «Ich weiss inzwischen sehr viel über die Krankheit und habe einige Therapien hinter mir, wie die kalorienreduzierte Mischkost ‹Metabolic Balance›. Nachhaltig gewirkt hat keine. Der Jo-Jo-Effekt hat mich immer wieder zurückgeworfen. Gleichzeitig hat mich die Vorstellung, aufzugeben, immer gestört.» Ernsthaft Gedanken habe er sich jedoch erst gemacht, als sich mehr und mehr Begleiterkrankungen bemerkbar machten. Wegen Schlafapnoe war Georges G. schon länger im Schlaflabor Zürich in Behandlung. Mit zunehmendem Gewicht sind Bluthochdruck sowie Gelenkschmerzen hinzugekommen; zudem stand er kurz davor, Diabetes zu entwickeln. «Da habe ich mir gesagt: Jetzt reicht’s. Mein Hausarzt und ich haben dann beschlossen, dass er mich ans KSW überweist.»
Zuerst stand eine medikamentöse Therapie zur Debatte
Nach der Erstberatung durch das interdisziplinäre Team um den Leiter des Adipositas-Zentrums am KSW, Dr. med. Thomas Bächler, stand vorerst eine Kombination von Ernährungs-, Physio- und medikamentöser Therapie im Vordergrund. «Damit hatte ich mich bereits abgefunden», erzählt Georges G. «Je öfter ich jedoch mit meiner Partnerin und meinen Freunden darüber sprach, desto klarer wurde für mich, dass ich lieber eine Operation hätte. Bei der medikamentösen Therapie besteht die Gefahr, nach zwei Jahren wieder von vorn beginnen zu müssen. Ich wollte definitiv einen dicken Schlussstrich ziehen.»
Die erste Adipositas-Operation am KSW
Den Eingriff – die allererste Adipositas-Operation am KSW – hat Dr. Bächler am Donnerstagmorgen, 5. Januar 2023, durchgeführt. Bereits drei Tage später konnte Georges G. das Spital wieder verlassen. «Zum Glück hatte ich nie Schmerzen. Nach der zweiten Woche ging es nur noch steil aufwärts. Im gleichen Mass, wie ich Kilo verloren habe. Dass alles so gut geklappt hat und ich so schnell wieder auf die Beine kam, habe ich der superguten Betreuung im Spital zu verdanken», lobt Patient Nr. 1 das KSW. «Ich habe mich vom Eintritt bis zum Austritt sehr gut aufgehoben und betreut gefühlt.» Aufgrund seiner Erfahrungen würde Georges G. allen, die in einer vergleichbaren Situation sind, raten, sich einer Operation zu unterziehen. «Mir ist damit ein riesengrosser Stein vom Herzen gefallen. Ich würde es sofort wieder tun.»
«Zum Glück hatte ich nie Schmerzen. Nach der zweiten Woche ging es nur noch steil aufwärts. Im gleichen Mass, wie ich Kilo verloren habe.»
Die Fototasche immer im Kofferraum
Ein Hobby hat Georges G. übrigens nie aufgegeben: das Fotografieren. «Früher haben mich vor allem Landschaften in der Nacht fasziniert.» Mit viel Geduld und langer Blende sei er stundenlang im Wald oder auf einer Wiese gestanden.
Diese Faszination hat ihn auch nach der Geburt der Tochter nicht verlassen. «Wenn ich unterwegs bin, habe ich stets meine Fototasche dabei, damit ich keine Gelegenheit für ein spezielles Bild verpasse. Seit die Kleine auf der Welt ist, ist sie aber logischerweise mein allerliebstes Sujet.»
Gewicht nachhaltig reduzieren
Interview mit Dr. med. Thomas Bächler, Leiter Adipositas-Zentrum, Oberarzt Klinik für Viszeral- und Thoraxchirurgie
Georges G. war der erste Patient, der am KSW wegen Adipositas operiert worden ist. Wie ist es gelaufen?
Das ist ein hochstandardisierter Eingriff, der völlig problemlos verlaufen ist. Mit der Schlüssellochtechnik haben wir ihm einen Magenbypass eingesetzt. Dieser verhindert, dass grosse Mengen Nahrung auf einmal aufgenommen werden können, und verringert das Hungergefühl.
War die Operation bei Herrn G. unumgänglich?
Herr G. ist zwar ein junger und an sich gesunder Patient. Allerdings zeichneten sich bei ihm bereits typische Begleiterkrankungen wie Schlafapnoe, Bluthochdruck und eine Leberverfettung ab. Das Gewicht nachhaltig zu reduzieren, war deshalb notwendig.
Was bedeutet die Operation für das weitere Leben von Herrn G.?
Der Gewichtsverlust bringt ein besseres Lebensgefühl und grössere Leistungsfähigkeit. Gleichzeitig wird das Risiko für Begleiterkrankungen deutlich geringer. Ein junger Patient wie Georges G. erhöht durch einen solchen Eingriff statistisch gesehen sogar seine Lebenserwartung.
Bewegung für eine bessere Gesundheit vor und nach der Operation
Interview mit Giuseppe Mungo, Fachteamleiter Kardiovaskuläre und Respiratorische Therapien, Institut für Therapien und Rehabilitation
Was kann Physiotherapie überhaupt bewirken?
Bei jeder Operation verliert man Muskeln. Je schwerer der Eingriff, desto mehr. Umso wichtiger ist der Wiederaufbau. Dazu gibt es eine einfache Gleichung: Wer sich bewegt, baut Fett ab – wer sich nicht bewegt, Muskeln. Mehr Kraft bedeutet weniger Knie- oder Rückenschmerzen, eine generell bessere Gesundheit und eine stärkere Psyche.
Welche Therapie wurde Georges G. verschrieben?
Eine Kombination aus intensivem Intervall- und Ausdauertraining auf dem Velo sowie ein herausforderndes Krafttraining für den ganzen Körper. Ziel war es, die Muskeln und den Stoffwechsel schon vor der Operation zu stärken.
Wie kann Georges G. nach der Operation selbst fit bleiben?
Zentral wird sein, dass er weiterhin regelmässig trainiert und die angepasste Ernährung beibehält. Das ist nicht immer leicht. Die grösste Herausforderung wird sein, das Training in seinen Alltag zu integrieren.
Eng begleitet auf dem Weg in die Normalität
Interview mit Dominique Rémy, Ernährungstherapeutin, Ernährungstherapie/-beratung
Kann Georges G. nach der Operation wieder unbeschwert leben?
Die Operation ist sicher eine grosse Erleichterung. Herr G. muss allerdings seine Ernährung grundlegend umstellen. Wir haben ihn intensiv darauf vorbereitet und begleiten ihn postoperativ während drei bis vier Monaten eng.
Worauf muss Georges G. bei seiner Ernährung künftig speziell achten?
Die grösste Gefahr ist, dass er in alte Muster zurückfällt. Weil sein Magen viel kleiner ist als zuvor, kann er nur noch geringe Mengen zu sich nehmen. Dabei hilft ihm, dass er nun deutlich besser spürt, ob er Hunger hat oder einfach nur Lust auf Essen.
Wie arbeiten Sie mit den anderen Fachleuten zusammen?
Vor und nach der Operation stehe ich im Austausch mit den behandelnden Ärztinnen/Ärzten und Psychologinnen/Psychologen. Spezielle Fälle diskutieren wir an den Adipositas-Boards. Ziel ist, einen individuellen Behandlungsplan zu entwickeln und Herrn G. auf seinem Weg zurück in die Normalität eng zu begleiten.