Treffpunkt Stör, ganz ungestört: Ausflug ins Tropenhaus Frutigen
Die Ausschreibung der Reise zum Tropenziel in dieser Zeitung hat grosses Interesse ausgelöst. Genauso wie vor dem letztjährigen Gipfelsturm auf das Stanserhorn steht ein komfortabler, von Chauffeur Marcel gelenkter Reisebus bereit. Das Treffen mit vielen bekannten und neuen Ehemaligen ist für das Organisations-Trio immer ein motivierendes Ereignis. Nach einer Stunde angenehmer Fahrt bei angeregter Unterhaltung legen wir eine Kaffeepause ein. In Oensingen, am Rand des Naturparks Thal in der Solothurner Juralandschaft, setzen wir uns in einer Konditorei zusammen. Der vom KSW offerierte Kaffee mit Gipfeli wird dankbar angenommen.
Auf der landschaftlich abwechslungsreichen Weiterfahrt auf der Autobahn in den Kantonen Solothurn und Bern ist bald schon die hohe Fernsehantenne auf dem Bantiger zu sehen. Sie wurde zur Ausstrahlung der offiziell ersten Fussball-Weltmeisterschaft erstellt. Die deutsche Mannschaft gewann damals den Final, der als «Wunder von Bern» in die Sportgeschichte einging. Wir umfahren im Tempomatmodus flüssig die Bundeshauptstadt, wo die Reiseleitung am Mikrofon den aufmerksam lauschenden Ausflüglern Informationen über Kunst (Paul-Klee-Museum) und Glanz+Gloria-Wissen (Bikini-Bondgirl Ursula Andress in «Dr. No») näherbringt. In Sichtweite leuchtet bereits das schneebedeckte Alpenmassiv des Berner Oberlands. Bei Thun zeigt sich blau glitzernd der gleichnamige See, bevor sich das ländliche Kandertal Richtung Lötschberg öffnet. In Frutigen wartet das «grüne Wunder» auf uns.
Das Tropenhaus Frutigen ist eine grosse Zuchtanlage mit Aquarium und lichtdurchfluteten Gewächshäusern. In der 2009 eröffneten Anlage werden in tropischem Klima wärmeliebende Fische und Pflanzen gezüchtet. Angegliedert ist ein Restaurant mit Sitzplätzen inmitten von tropischen Pflanzen.
Die Wärme für die Anlage wird aus dem Bergwasser des Lötschberg-Basistunnels gewonnen. Pro Sekunde treten gegen 70 Liter 19 °C warmes Wasser aus dem Berg – täglich rund 9000 Kubikmeter. Das Tropenhaus Frutigen gilt als Pionier auf dem Gebiet der Fischzucht in landbasierten Aquakulturen. Neben dem Tunnelwasser ist die geniale Kreislaufanlage das Geheimnis des Erfolgs der Nachhaltigkeit im alpinen Raum.
Erwartungsvoll versammeln wir uns im Empfangsbereich. In vier Gruppen, jede von einer Fachfrau begleitet, machen wir uns auf den Rundgang. Wir erfahren Interessantes und faszinierende Hintergründe zu tropischen Früchten und Gewürzen und über die Energie- und Wassertechnik. Die Informationen zur nachhaltigen Stör-Zucht und zur Verarbeitung der edlen Produkte (Fisch und Kaviar) können als neues Wissen gespeichert werden.
Der Sibirische Stör, der Dinosaurier unter den Fischen, kann über 70 Jahre alt werden. Mit bis zu zwei Metern Länge und einem Gewicht von 200 kg ist er eine beeindruckende Erscheinung. Die Anlage in Frutigen ist für 80’000 Störe in Freilandbecken ausgelegt, deren Wasser alle ein bis zwei Stunden erneuert wird. Nicht nur der Hunger nach Fisch, sondern vor allem das Begehren nach Kaviar hat dazu geführt, dass die meisten der 26 Störarten vom Aussterben bedroht sind. Der Wildfang von Stör ist deshalb heute fast weltweit verboten. Oona-Kaviar ist der erste Schweizer Kaviar; er wird nachhaltig produziert und in feinster Handarbeit im Tropenhaus «geerntet».
Unter Palmen und Gewürzsträuchern, in wunderbarer Dschungel-Atmosphäre, sind die Tische im Restaurant für uns gedeckt. Das Mittagessen ist farblich wie geschmacklich würzig und fruchtig zugleich. Eine feine Glace-Kreation zum Schluss, was für ein Genuss.
Die überall frei herumlaufenden Chinesischen Zwergwachteln sind quicklebendig. Das sind auch die KSW-Pensionierten, die die freie Zeit am Nachmittag nach persönlicher Vorliebe im tropischen Gewächshaus, beim Audiorundgang oder im entspannten Siestamodus verbringen, ganz ohne Störfaktor.
Chauffeur Marcel öffnet um 15.30 Uhr die Türen zu seinem gekühlten Gefährt, verewigt die Gruppe im passenden Bildformat und hat für die Heimfahrt eine stauarme Route programmiert. Bei immer noch wolkenlosem Blau fahren wir den Thunersee entlang und überwinden die Brünigpasshöhe. Auf der Fahrt freuen sich die Ausflügler über die ergänzenden Informationen und Geschichten zur Gegend aus dem Fundus des «Mikrofonsprechers». Die Seenlandschaft hinunter bis Luzern durchfahren wir in moderatem Tempo. Kurz vor Zug schlägt das sprechende Cockpit-Navi eine Strecke ohne Gubristtunnel, Baustellen und Stau vor. Die nimmt unser Chauffeur denn auch, und so klappt die Rückfahrt bestens.
Ohne Pausenhalt sind die drei Stunden Fahrt in gemütlicher und unterhaltsamer Runde bald vorbei. Entspannt und bereichert um neue Erkenntnisse, um die Entdeckung neuer Landschaften und um gute Gespräche in vertrauter Gesellschaft erreichen wir Winterthur.
Wir KSW-Pensionierten danken für die grosszügige Unterstützung, die diesen Ausflug in die Tropen im Berner Oberland ermöglichte. Wir waren beim Fisch auf dem Berg, ungestört beim Stör!