Einmal quer über den Atlantik
Dieser Herzenswunsch entstand 2019, als Mel Teil eines (englischen) Forschungsteams aus Handchirurgen war, das «Trigger fingers in Ocean rowers» untersuchte. Das war ihre erste Begegnung mit dem Ozeanrudern, und sie war davon so fasziniert, dass sie sich entschloss, im folgenden Jahr selbst damit anzufangen. Die intensive Vorbereitung auf eine Atlantiküberquerung dauert mindestens zwei bis drei Jahre.
Ein Erlebnis, das Spuren hinterlässt
Es war eine körperliche und vor allem eine mentale Herausforderung, die Mel aber bestätigt hat, dass sie körperlich und mental stark sein und über sich hinauswachsen kann. Nun hat sie das Erfolgserlebnis hinter sich, aber sie leidet im Moment noch stark unter dem «Post-Row-Blues», und es ist schwer abzuschätzen, wie sich das langfristig auf sie auswirken wird.
Beim Ozeanrudern denken die meisten, dass es vor allem eine körperliche Herausforderung ist, aber es geht auch um das Erlernen von Fertigkeiten wie Navigation, Bootsreparatur (im Falle eines Lochs, z. B. durch den Angriff eines Blauen Marlins), Wasserentsalzung, Umgang mit z. B. Daggerboard oder Para-Anker. Das bedeutet unbeschreiblich viele Stunden Rudern, Kurse und Krafttraining. Mental hat sich Mel vor allem am «Mind over Matter» der Special Forces orientiert und sich mit Podcasts, Büchern und Gesprächen vorbereitet.
Ein strukturierter Tag
Wie ein Tag im Einzelnen abläuft, hängt bei einer Atlantiküberquerung stark von Wind und Wetter ab. Eine klare Strukturierung wird aber beibehalten. Die sieht etwa so aus:
- aufstehen um ca. 4.30 oder 5 Uhr
- ca. 3 Stunden rudern bis zum Sonnenaufgang
- essen (15 Minuten)
- ca. 3 Stunden rudern
- essen und Dehnübungen
- ca. 3 Stunden rudern
- Wasser entsalzen (desalinator) / Reinigen des Bootes und der Solarzellen usw.
- ca. 3–4 Stunden rudern
- essen
- ca. 3–4 Stunden rudern bis 0 Uhr
- waschen und schlafen
Auch die persönlichen Grenzen wurden mehrfach getestet, wie Mel anhand eines Erlebnisses eindrucksvoll schildert. In der ersten Woche wurde sie von 8–12 Meter hohen Wellen überrascht. Das war nicht nur beängstigend, sondern brachte sie auch dreimal zum Kentern. Unvorstellbar, wie Mel über sich hinauswachsen musste, um angesichts dieser Naturgewalt weiterzurudern. Ausserdem war es ein mentaler Lernprozess, mit frustrierenden Dingen wie Gegenwind, kaputtem Material usw. umzugehen.
Bereits neue Challenges in Aussicht
Bei der Rückkehr in die Zivilisation freute sich Mel am meisten auf eine warme Dusche und ein Bett, das sich nicht bewegt und kein Geräusch macht. Eigentlich auf alles, was sich nicht bewegt, sogar die Toilette war eine neue Erfahrung. Vermisst hat sie vor allem das Essen von frischem Obst und Gemüse.
Im November möchte sie den (Halb-)Marathon de Sable in Jordanien laufen. Auch eine Motorradtour durch Afrika (von Nord nach Süd) oder nach Patagonien würde sie gern machen. – Mel Eissens ist eine Frau, die niemals aufgibt.