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Gesundheit

Ausnahmezustand «Chilbi»

Angst ist ein natürlicher Mechanismus unseres Körpers, der uns vor Gefahren warnt und schützt. Wenn Ängste in objektiv ungefährlichen Situationen überhandnehmen und das Leben beeinträchtigt wird, spricht man von Phobien. Zu den häufigsten Ängsten zählen Agoraphobie (Platzangst) und Akrophobie (Höhenangst). An alljährlichen «Chilbis» treffen mehrere Auslöser zusammen: Menschenmassen, Lautstärke und Achterbahnen.

Was versteht man unter einer Angst, und wann sollte diese therapiert werden?

Angst ist ein ganz natürliches und hilfreiches Gefühl. Zurückzuführen auf die Anfänge der Menschheit, als überall Gefahren lauerten und man schnell auf lebensgefährliche Situationen reagieren musste. Der natürliche Schutzmechanismus soll uns vor objektiv bestehenden Gefahren schützen, aber nicht unser Leben bestimmen.

«Angst wird dann zum Problem, wenn sie das Leben beeinflusst und auch in objektiv ungefährlichen Situationen auftritt. »

Angst wird dann zum Problem, wenn sie das Leben beeinflusst und auch in objektiv ungefährlichen Situationen auftritt. Wenn die betroffene Person durch die Angst in ihrem Leben so sehr eingeschränkt wird, dass soziale Kontakte oder bestimmte Aktivitäten nicht mehr möglich sind, kann eine Therapie helfen.

Wie zeigt sich Angst, und gibt es verschiedene Stufen?

Es gibt verschiedene Stufen der Intensität von Ängsten. Beispielsweise spricht man bei leichter Höhenangst von einer visuellen Höhenintoleranz. Diese sollte das tägliche Leben nicht wesentlich beeinflussen. Ist die gleiche Angst aber stärker ausgeprägt, spricht man von Höhenangst (Akrophobie), die den Betroffenen sehr einnimmt. Da wird es oft schon schwierig, wenige Höhenmeter zu meistern oder in einem Hotelzimmer zu übernachten, das im zweiten Stockwerk oder noch höher liegt.

Eine so beklemmende Angst äussert sich oft in Herzrasen, Luftnot, Schweissausbrüchen und Übelkeit. Speziell bei Höhenangst sind Schwindelgefühl und Schwanken typisch. Ausserdem werden die Symptome oft von Todesgedanken begleitet. Dieser Zustand ist für den Betroffenen sehr real, auch wenn objektiv betrachtet keine Gefahr besteht.

Was ist die Ursache für Ängste?

Oft steht am Anfang einer Phobie ein auslösendes Ereignis. Das kann beispielsweise eine als traumatisch erlebte Fahrt auf der Achterbahn sein oder Luftnot in Menschenmassen. Diese Reaktionen werden dann in ähnlichen Situationen automatisch reaktiviert, was erneut zu Angstzuständen führt.

Während solche spezifischen Reaktionen erlernt sind, gibt es aus Zwillingsstudien klare Belege dafür, dass bei der Angstbereitschaft von Menschen Erblichkeit eine wichtige Rolle spielt. Für Betroffene spielt die Frage nach der Entstehung von Ängsten oft eine wichtige Rolle. In der Therapie versuchen wir dann plausible Zusammenhänge für ein Erklärungsmodell zu finden.

Wie kann jemandem mit Ängsten oder Phobien geholfen werden?

Jeder Betroffene muss natürlich selbst entscheiden, inwiefern die Angst sein Leben bestimmt. Bei leichten Ängsten hilft oft schon das Bewusstsein, in bestimmten Situationen Angst zu haben, und darauf vorbereitet zu sein, sich damit auseinanderzusetzen. Es gibt viele gute Selbsthilfebücher, die ich bei «leichter Angst» empfehle (z.B. Rufer: Stärker als die Angst).

Sollte jemand in bestimmten Situationen unter stärkeren Angstzuständen oder Panikattacken leiden, ist eine Therapie empfehlenswert. Je früher die Betroffenen etwas gegen die Angst unternehmen, desto einfacher ist die Therapie. Zum Teil reichen einige wenige Sitzungen, manchmal braucht es mehr.

Während der Therapie werden den Betroffenen wichtige Informationen über Angst und die damit verbundenen körperlichen Reaktionen vermittelt. Dann folgt im Rahmen der kognitiven Verhaltenstherapie eine Konfrontation mit den angstauslösenden Situationen. Schrittweise wird die Konfrontation dann immer weiter ausgebaut. In vielen Fällen wird die Angst durch die Habituation (Gewöhnung) abgeschwächt oder verschwindet sogar ganz.

Ist es für jemanden mit Höhen- und/oder Platzangst empfehlenswert, an die «Chilbi» zu gehen?

Das Albanifest stellt für viele stark Betroffene die höchste Stufe ihrer Angsthierarchie (Abstufung der Angst) dar. Eine solch komplexe Situation mit vielen potenziellen Angstauslösern könnte am Ende einer Expositionstherapie (Reizkonfrontation) stehen, nachdem der Betroffene bereits andere Situationen gemeistert hat.

Ob eines der Fahrgeschäfte ausprobiert werden soll, muss individuell abgewogen werden. Für die meisten Menschen mit starken Ängsten ist dies nicht unbedingt ein erstrebenswertes Ziel. So eine Fahrt kann aber selbstverständlich auch im Sinne einer Konfrontationsübung geplant werden, wenn der Betroffene wünscht, in Zukunft auch solche Situationen meistern zu können.

Wie reagiere ich, wenn jemand an der «Chilbi» eine Panikattacke hat?

«Wenn jemand eine Panikattacke erleidet, ist es in erster Linie wichtig, die Person aus der auslösenden Situation herauszuholen.»

Sollte es dazu kommen, dass jemand eine Panikattacke erleidet, ist es in erster Linie wichtig, die Person aus der auslösenden Situation herauszuholen. Ruhiges Zureden, Festhalten und gemeinsames Atmen wirken beruhigend und helfen der betroffenen Person, sich zu orientieren und zu sammeln. Sobald sie stabil und fähig ist, zu gehen, kann man einen ruhigen Ort aufsuchen oder das Fest verlassen. Verbessert sich der Zustand nicht, kann die Sanitätsstation aufgesucht werden, die es an allen grösseren Festen gibt.