Die Haut von Kindern ist anders
Die Haut von Kindern ist noch nicht vom Leben gezeichnet, dennoch kann sie schon viel erzählen und wichtige Botschaften enthalten. Dr. med. Alexandra Smith versteht es, diese zu entziffern. Die Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin leitet seit September 2017 den neuen Bereich Kinderdermatologie am Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin (ZKJ).
Sie war unter anderem mehrere Jahre als Oberärztin in der Kinderdermatologie am Kinderspital Zürich tätig. Nach weiterer Spezialisierung in diesem Fachgebiet an der Universitätskinderklinik Sainte-Justine im kanadischen Montreal leitet sie nun die kinderdermatologische Spezialsprechstunde am DKJ.
Die Zeichen der Haut lesen
Wie kaum ein anderes Organ kann die Haut erste Anzeichen für Systemerkrankungen oder Erbkrankheiten zeigen. «Diese frühen Zeichen gilt es zu lesen», sagt Dr. Smith. Als Beispiel nennt sie eine seltene Erbkrankheit, die sich in Form von Blasen äussert und zu einer Netzhauteinblutung führen kann. «Damit die Augen keinen Schaden nehmen, muss das Kind rasch an eine Augenärztin oder einen Augenarzt überwiesen werden.»
Das erklärt, weshalb Dr. Smith eng mit Fachleuten aus verschiedenen Disziplinen innerhalb der Kinderklinik am KSW zusammenarbeitet, darunter Neonatologie, Rheumatologie und Infektiologie. Wenn Kinder oder Jugendliche am DKJ behandelt werden, ist die Kinderdermatologie eine wichtige Schnittstelle zwischen den verschiedenen Bereichen.
«Kindliche Haut ist nicht die Haut kleiner Erwachsener.»
Hauterkrankungen treten häufig auf
Mehr als 20 Prozent der Besuche beim Kinderarzt betreffen die Haut. Ob Flecken, Blasen oder Pusteln – allesamt sind sie gut sichtbar. Die Eltern sind alarmiert, unabhängig davon, ob es sich um harmlose oder gefährliche, um angeborene oder erworbene Veränderungen der Haut handelt.
«Eltern möchten eine möglichst genaue Diagnose und eine auf das Alter des Kindes abgestimmte Therapie», erklärt Dr. Smith. Noch mehr als bei Erwachsenen muss bei Kindern auf jegliche Untersuchung und Abklärung verzichtet werden, bei der die Belastung grösser ist als der mögliche Nutzen. Dennoch dürfen erforderliche Massnahmen und Therapien nicht unterlassen werden.
«Zahlreiche Erkrankungen treten nahezu ausschliesslich im Kindesalter auf oder zeigen ein anderes Erscheinungsbild als bei Erwachsenen»
Kindliche Haut ist nicht die Haut kleiner Erwachsener. «Zahlreiche Erkrankungen treten nahezu ausschliesslich im Kindesalter auf oder zeigen ein anderes Erscheinungsbild als bei Erwachsenen», sagt Dr. Smith.
So sind bei Säuglingen mit Neurodermitis oft das Gesicht und der ganze Körper grossflächig betroffen. Schlecht heilende Entzündungen im Windelbereich können erste Zeichen einer Schuppenflechte (Psoriasis) sein. Bei Säuglingen und Kleinkindern ist die Haut dünn und noch nicht voll ausgereift. Auch das Immunsystem ist noch nicht voll entwickelt, daher leiden Kinder häufiger an Hautinfektionen als Erwachsene.
Neurodermitis ist gut behandelbar
Bei Kindern mit Neurodermitis (Ekzem) leidet nicht nur das Kind, sondern oft die ganze Familie. Der Juckreiz hält die Kinder vom Schlafen oder vom Spielen ab, so dass die gesamte körperliche und geistige Entwicklung beeinträchtigt wird. Auch wenn Neurodermitis nicht heilbar ist, so ist die Erkrankung heute meist gut und sicher behandelbar.
Bei 70 bis 80 Prozent der Kinder, die in den ersten beiden Lebensjahren an Ekzemen leiden, verbessern sich diese bis zum vierten Lebensjahr schon deutlich. Und es besteht eine gute Chance, die Ekzeme bis zum Erwachsenenalter zu verlieren. Neuere Studien geben zudem Hinweise darauf, dass sich durch gute Hautpflege und Therapie der Ekzeme Allergien vermeiden lassen.
Für mehr als 20% aller Konsultationen in Kinderarztpraxen sind Erkrankungen der Haut der Auslöser.
Eines der grossen Bestreben von Dr. Smith ist es, die Eltern zu Experten in der Neurodermitistherapie ihrer Kinder zu machen. Nach ausführlicher Beratung erarbeitet sie gemeinsam mit den Familien ein individuelles, detailliertes Therapiekonzept.
«Kinder werden am besten zusammen mit ihren Eltern gesund»
Bei schweren Verläufen kann auch eine tagesstationäre oder stationäre Behandlung, zum Beispiel mit Hilfe von Fett-Feuchtverbänden, durchgeführt und dem Kind dadurch zu rascher Linderung verholfen werden. «Kinder werden am besten zusammen mit ihren Eltern gesund», sagt Dr. Smith. Dieser Leitsatz des DKJ am KSW gilt ganz besonders für die Kinderdermatologie.