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Allergologie

Heuschnupfen – der unliebsame Frühlingsbegleiter

Es ist jedes Jahr dasselbe: Birken blühen um Ostern, Gräser um Pfingsten. Den Pollenallergikern bescheren sie damit Heuschnupfen. Halten sich die Symptome hartnäckig, ist eine medizinische Abklärung angezeigt. Dabei gilt es, ein Übergreifen der allergischen Reaktionen auf Bronchien und Lunge zu vermeiden.

Interview mit Dr. med. Marianne Lerch, Chefärztin Allergologie/Dermatologie

Frau Lerch, warum sind Blütenpollen überhaupt schädlich?

Die Pollen selbst sind für Allergiker eigentlich harmlos, sie leiden unter einer Überreaktion des körpereigenen Abwehrsystems. Durch das Einatmen oder durch direkten Kontakt mit Pollen schüttet der Körper Histamin aus, wodurch sich die Bindehaut und die Nasenschleimhaut entzünden.

Das ist sicher lästig. Aber ist es auch gefährlich?

Nicht zwingend, aber Heuschnupfen ist nicht gleich Heuschnupfen. Halten sich die Symptome hartnäckig, so ist ein Arztbesuch angezeigt. Dabei geht es in erster Linie darum, einen sogenannten Etagenwechsel zu vermeiden. Ein Allergiker erkrankt dann an Asthma, wenn die allergischen Reaktionen von den oberen Atemwegen (Nasen-Rachen-Raum) auf die Bronchien und die Lunge übergreifen.

Wie kann dieser «Etagenwechsel» verhindert werden?

Jeder Allergiker ist ein Spezialfall, deshalb sind individuelle Abklärungen und massgeschneiderte Therapien die Regel. Haut- und Bluttests zeigen, auf welche Allergene die Patientin oder der Patient reagiert. Wo eine symptomatische Therapie mit Medikamenten ungenügend hilft, kann zusätzlich eine Desensibilisierung durchgeführt werden. Dabei werden während dreier Jahre regelmässig entsprechende Allergenextrakte (Pollen oder andere) unter die Haut gespritzt bzw. in Form von Tabletten verabreicht. In vielen Fällen führt diese Therapie zu einer Gewöhnung, da das Allergen vom Körper nicht mehr als fremd erkannt wird, und es treten weniger oder keine Beschwerden mehr auf. Unter optimalen Umständen kann in bis zu 80 Prozent der Fälle ein Erfolg verzeichnet werden.

Heisst das, vier von fünf Patienten haben nach der Desensibilisierung dauerhaft Ruhe vor der Allergie?

Das ist etwas pauschal formuliert, aber immerhin: Bei einer guten Selektionierung reduzieren sich die Symptome in zwei von drei Fällen deutlich. Doch auch hier gibt es keine Regel ohne Ausnahme. So können Allergien von selbst verschwinden, andere wiederum treten – selten auch erst im reiferen Alter – neu auf. Eine wesentliche Rolle spielen dabei Kreuzallergien, der Pollenallergiker beginnt dann zum Beispiel auch auf bestimmte Nahrungsmittel zu reagieren.

Ist das Spektrum der Allergien breiter geworden?

Ja, bestimmt. Zum Teil spiegelt sich darin die wachsende Vielfalt an Lebensmitteln und der Flora. So registrierte zum Beispiel der Grabser Arzt Markus Gassner, dass manche Schulkinder in der Weihnachtszeit unter Heuschnupfen litten. Als Auslöser fand er schliesslich neu angepflanzte Purpurerlen, die jeweils zum Jahreswechsel blühen. Eine Rolle spielt ferner die Umgebungsluft, denn feinstaubbelastete Pflanzen können aggressivere Pollen bilden. Ein weiterer Punkt ist die sogenannte Hygienehypothese. Sie geht davon aus, dass insbesondere das kindliche Immunsystem unter zu sauberen und keimarmen Lebensbedingungen zu wenig gefordert ist und in der Folge allergische Reaktionen auf an sich harmlose Substanzen entwickeln kann. Deshalb erkranken in der Regel Bauernkinder weniger häufig an Allergien als Stadtkinder.

Kann denn bei Allergien nur die Ärztin/der Arzt weiterhelfen?

In leichteren Fällen steht die Selbsthilfe im Vordergrund. Wer den Kontakt mit Allergenen auf ein Minimum reduziert, hat schon sehr viel gewonnen: regelmässig die Pollenprognose konsultieren (siehe Link am Textende). Dabei empfiehlt es sich, während der Pollenflugzeit statt zu joggen oder Velo zu fahren lieber schwimmen zu gehen. Nachts die Fenster schliessen und allenfalls Pollenschutzgitter montieren hilft ebenfalls. Hilfreich ist es ausserdem, täglich vor dem Schlafengehen
die Haare zu waschen.

Hatschi und «Gesundheit!»

Hatschi! – «Gesundheit!» Das Niesen und die Reaktion darauf hört man gerade im Frühling wieder häufiger. Denn ungefähr jede fünfte Person in der Schweiz leidet in dieser Jahreszeit unter Heuschnupfen. Dabei handelt es sich um die hierzulande am weitesten verbreitete Allergie überhaupt. Die Folge sind geschwollene, juckende und tränende Augen, heftige Niesattacken und eine laufende Nase. Wie bei allen Allergien reagiert das Immunsystem des Körpers bei Heuschnupfen stark auf grundsätzlich harmlose Substanzen. Aber nicht etwa auf Heu, wie der Name es vermuten liesse, sondern auf Eiweisse der Pflanzenpollen in der Luft wie Gräser- und Baumpollen. Diese gelangen über die Schleimhäute der Augen, der Nase und des Rachens in den Körper. Aus diesem Grund heisst die landläufig als Heuschnupfen oder «Heupfnüsel» bekannte Allergie auch noch Pollenallergie, Pollinose oder saisonale allergische Rhinitis. Die Allergie tritt nur saisonal auf, weil die verschiedenen Pollen, die Heuschnupfen auslösen können, nicht das ganze Jahr über, sondern hauptsächlich während der Blütezeit der jeweiligen Pflanzen in der Luft vorhanden sind. Die mit Heuschnupfen verbundenen Beschwerden treten folglich nur in bestimmten Monaten im Jahr auf. Dabei gilt es von ganzjährig auftretenden Allergien zu unterscheiden, wie zum Beispiel jener gegen Hausstaubmilben oder Tierhaare. Wer unter Heuschnupfen leidet, dessen Lebensqualität ist während der Flugzeit der Pollen erheblich eingeschränkt. Bei der Veranlagung zu allergischen Reaktionen kann die Vererbung eine wichtige Rolle spielen. Zudem kann es vorkommen, dass sich durch den Heuschnupfen nach einigen Jahren allergisches Asthma entwickelt, was es zu verhindern gilt. Ärzte bezeichnen dieses Phänomen als «Etagenwechsel», da sich die Beschwerden von den oberen Atemwegen tiefer in den Atemtrakt mit Lunge und Bronchien ausbreiten.

Portrait von Dr. med. Marianne Lerch

Dr. med. Marianne Lerch

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