Perlensuche an der Goldküste
An diesem Ausflugs-Donnerstag ist die herbstliche Jahreszeit mit ihren sichtbaren Vorboten angekommen. Der Tag beginnt mit kühl-feuchten Plusgraden, die Natur hat sich auf die Farben Grün-Gelb-Rot festgelegt – und die 41 KSW-Pensionierten treffen sich zur Genuss- und Erkundungstour mit kleiner Wanderung. Die Zahl der Wanderfreudigen hält sich erfreulich konstant. Auch die Zahl der Männer reicht, um den 10-plätzigen «Stammtisch» angenehm voll zu machen.
Die Begrüssung am Hauptbahnhof Winterthur durch die hellwachen Organisatorinnen Trudi und Claire ist vertraut und herzlich. Kurz danach werden die Sitzplätze der 9-Uhr-S-Bahn erobert, und die Fahrt wird gleich zum Kennenlernen und zum freien Austausch genutzt. Über den Knotenpunkt Zürich gelangen wir mit Seeblick nach Herrliberg.
Hier fallen die ersten und die letzten Regentropfen des Tages. Ein Linienbus führt uns hinauf auf die weite, nach Süden orientierte Hochebene unterhalb des Pfannenstiels. Im ländlichen Weiler Wetzwil (615 m. ü. M.) nehmen wir den ersten Wegabschnitt unter unser Schuhwerk. Alle sind freudig gespannt und möchten nun die in «37°» angekündigten Perlen der Goldküste auf dem Zürichsee-Rundweg «pflücken».
Trudi verbrachte im Sommer, oft zusammen mit Claire, mehrmals viele Stunden mit dem Auskundschaften des besten Abschnitts im Herzstück dieser «Küste». Aus diesem Grunde und dank der herbstlichen Wetterlage konnte Trudi zur heutigen Wegfindung auf das Ausstreuen von «Brösmeli-Perlen» nach Hänsel-und-Gretel-Art verzichten. Der flach verlaufende schmale Feldweg in dieser wortwörtlich aussichtsreichen Landschaft führt uns in beeindruckendem Gänsemarsch zu der allein stehenden kleinen Kirche von Wetzwil.
Historische Anmerkung
Die Kapelle aus dem 8. Jahrhundert wurde 1750 in eine Predigtkirche umgestaltet. Der in der Mitte stehende, achteckige Taufstein mit den Wappen des Standes Zürich und der Dorfschaft Wetzwil steht am angestammten Ort. Die verschiedenen «Krebsstühle» mit zangenartigen Armlehnen tragen auf der Rückenlehne den Namen und das Wappen des ersten Besitzers mit der Hofbezeichnung und dem Jahr, in dem der Kirchenstuhl erworben wurde. (Dieser Kauf entsprach der heutigen Kirchensteuer.)
Rund um den Taufstein stimmen wir bei hervorragender Akustik das bekannte «Dona nobis pacem» in einer dreistimmigen und wohlklingenden Kanonversion an. Eine «klingende Perle». Den schönen Nachhall und die leichte Wanderstrecke nach der Besichtigung wollen wir noch geniessen, bevor die ersten Stimmen wegen Durst und Hunger einen Streik ausrufen. Nach kurzer Zeit erreichen wir das grosse, behäbige Gasthaus Blüemlisalp in aussichtsreicher Lage.
Geographische Anmerkung
Die in südwestlicher Richtung liegende Blüemlisalp, ein markantes, vergletschertes Felsmassiv neben dem Blüemlisalphorn in den Berner Alpen, ist am heutigen Mittag nicht sichtbar. Sie liegt in einer Entfernung von 110 km Luftlinie auf 3660 m Höhe oberhalb Kandersteg.
In der Gaststube ist aufgedeckt. Schon nach kurzer Zeit werden von den freundlichen Frauen des «Blüemlisalp»-Teams Süppchen und Salat aufgetischt. Das danach folgende Röstigericht ist fettarm und knusprig und das begleitende Geschnetzelte von hervorragender Qualität. Auch die Tagliatelle al funghi sind äusserst schmackhaft und werden mit etlichen Punkten bewertet. Eine «kulinarische Perle»!
Nach einem Kompliment an Küche und Serviceteam versammeln wir uns zum Gruppenfoto vor ländlicher Kulisse. Es ist eine Freude, die frische Herbstluft und die Stimmung beim Abstieg zur Schifflände in Erlenbach zu geniessen. Die kleine Damengruppe der rüstigen Nimmermüden trennt sich kurzfristig vom Rest und wird von Trudi auf garantiert sicherem Weg um das Erlenbacher Tobel herum zur Dorfbäckerei hinunter begleitet. Während diese kleine Runde nun Kaffee mit Kuchenstückchen zum Probieren geniesst, sind die Expeditionsfreudigen auf dem Abstieg im kühlen Erlenbacher Tobel unterwegs.
Persönliche Anmerkung
Diese wildgrüne Wald- und Bachlandschaft lässt in mir die spannenden und auch prägenden Pfadfinder-Momente meiner frühesten Jugendzeit aufblitzen. Als Küsnachter waren wir stolze Besitzer einer grossen Hütte mit Waldwiese. Wir umzingelten die trutzige Burg Wulp im Küsnachter Tobel und schlugen uns auf die Seite der Erlenbacher mit ihrem geheimnisvollen Tobel. Anlässlich meiner nächtlichen Taufe bei Vollmond hatte ich just hier ehrenvoll meine Urkunde mit dem Namen «Zebra» mit selbstgesäbeltem Fingerblut unterzeichnet.
Über Treppen, Stege und Brücken folgten wir dem gewundenen Weg, alles dem wilden Bach entlang bis zum See. Auf beiden Seiten gedeihen riesige neongrüne Katzenschwanzgewächse, blühen noch violette Sommerfliederbüsche und wuchern Farnwiesen. In dem kleinen, schattigen Dschungel lassen Quellen Wasserfälle in stiebenden Kaskaden austreten. Eine «Natur-Perle».
Unter lebhaften Gesprächen bei sonniger Stimmung ist die jetzt wieder vollständige Gruppe am See angekommen. Um 15.00 Uhr fährt es vor, das moderne, schlagzeilenreiche Luxusschiff Panta Rhei, und wir dürfen plaudernd auf Deck eine entspannende Fahrt nach Rapperswil geniessen. Die «Genuss-Perle».
Hier wechseln wir erneut das Transportmittel, reisen per Bahn dem Goldufer entlang und erreichen schliesslich Winterthur. Wir danken den «ausflugleitenden Perlen» Trudi und Claire und freuen uns über die herzlichen Rückmeldungen. Die lauen Abendstunden verhelfen einer kleinen, unerschöpflichen Gruppe noch zu einem mediterranen Ausklang bei Vino e Parmigiano in der Altstadt.