Schonende Therapie bei Schilddrüsenknoten
Interdisziplinärer Ansatz
Eine Fehlfunktion der Schilddrüse kann auf ganz unterschiedliche Gründe zurückgehen, was auch nach unterschiedlichen Therapien verlangt. Für Dr. med. Andrea Goldmann, Fachärztin für endokrine Chirurgie, ist bei Schilddrüsenerkrankungen deshalb der interdisziplinäre Ansatz besonders wichtig. Dieser wird am Schilddrüsenzentrum des KSW mit Spezialisten aus verschiedenen Fachgebieten gepflegt. Die enge Zusammenarbeit kommt besonders deutlich am Schilddrüsenboard zum Ausdruck, wo sich Spezialistinnen und Spezialisten einmal pro Woche treffen, um die Untersuchungsergebnisse gemeinsam zu beurteilen.
Aber nicht nur Über- oder Unterfunktion können bei der Schilddrüse Probleme verursachen, sondern auch Knoten. Diese kommen häufig vor, sind meistens aber gutartig und verursachen keine Beschwerden. «Eine Behandlung ist dann angezeigt, wenn der Knoten zu viele Hormone herstellt, wegen seiner Grösse Schluckprobleme verursacht oder wenn eine bösartige Gewebeveränderung auftritt», sagt Dr. med. Andrea Goldmann. Knoten werden deshalb auch von der Endokrinologie oder der Radiologie beurteilt und allenfalls überwacht. Und bei hormonproduzierenden Knoten wird häufig eine Radiojodtherapie angeordnet. Im Vorfeld werden immer Ultraschallabklärungen und Blutuntersuchungen gemacht, und wenn der Verdacht auf Bösartigkeit besteht, wird eine Gewebeprobe entnommen.
«Die Schilddrüse hat eine enorm wichtige Funktion – sie steuert den ganzen Stoffwechsel.»
Die Thermoablation als Alternative zur Operation
Wenn die Spezialisten in der interdisziplinären Schilddrüsensprechstunde zum Schluss kommen, dass eine Operation notwendig ist, gibt es zum herkömmlichen Eingriff neu eine Alternative. Das vor allem in Südkorea weit verbreitete Verfahren der Thermoablation (siehe auch Interview) ist narbenfrei und erfordert keine Vollnarkose. «Seit Juni 2019 bieten wir diese Möglichkeit auch am KSW an», sagt Dr. med. Andrea Goldmann. Allerdings kann das Verfahren nur bei gut gelegenen Knoten angewendet werden. Es kommt nur in Frage, wenn der Schilddrüsenknoten nicht zu nahe bei Nerven liegt. Vor allem wenn sich der Knoten direkt über der Luftröhre befindet, kann die Thermoablation in Betracht gezogen werden. Viele Knoten entstehen aber am hinteren Rand der Schilddrüse, wo der Stimmbandnerv anliegt, weshalb das Risiko von Kollateralschäden zu gross ist.
Knoten an der Schilddrüse sind sehr häufig
Interview mit Dr. med. Andrea Goldmann, Teamleiterin Endokrine Chirurgie, Stv. Leitende Ärztin Klinik für Viszeral- und Thoraxchirurgie
Welche Rolle spielt die interdisziplinäre Schilddrüsensprechstunde bei der Beurteilung eines Falls?
Schilddrüsenerkrankungen sind häufig und werden von verschiedenen Fachspezialisten behandelt. Die Schilddrüsensprechstunde ist so organisiert, dass der Patient im Mittelpunkt steht und zusammen mit ihm ein individuelles Therapiekonzept erstellt wird. Dort sieht er schon die verschiedenen Spezialisten und bekommt die Therapiemöglichkeiten (Behandlung mit Medikamenten, Radiojodtherapie oder Operation/Thermoablation) erklärt. Der Vorteil liegt darin, dass wir sehr eng zusammenarbeiten und der Patient daher keine Angst haben muss, zu einer Operation oder einer Radiojodtherapie überredet zu werden, die nicht notwendig wäre.
Welche Methoden gibt es, um einen Knoten an der Schilddrüse zu behandeln?
Knoten an der Schilddrüse sind sehr häufig, etwa jeder zweite Mensch über 50 hat einen. Eine Behandlung ist dann notwendig, wenn der Schilddrüsenknoten möglicherweise bösartig ist, zu viele Hormone bildet oder Beschwerden verursacht. Hormonaktive Knoten können gut mit der Radiojodtherapie behandelt werden. Der Goldstandard bei grossen oder möglicherweise bösartigen Knoten ist weiterhin die Operation zur halbseitigen oder kompletten Entfernung der Schilddrüse. Als neueres Therapieverfahren hat sich die Thermoablation (Hitzeanwendung) etabliert.
Wann kommt eine Thermoablation in Frage?
Am KSW führt Prof. Dr. med. Christoph Binkert (bis 01/2024) die Radiofrequenzablation von Schilddrüsenknoten durch. Dabei wird der Knoten durch eine über einen kleinen Hautschnitt eingeführte Sonde von innen erhitzt und so zum Schrumpfen gebracht. Dieses narbenfreie Verfahren eignet sich bei symptomatischen Knoten, die nicht in der Nähe des Stimmbandnervs liegen. Um zu entscheiden, ob diese Therapieform möglich ist, werden die Patienten in der Regel in die interdisziplinäre Sprechstunde eingeladen.