Wenn das Atmen schwerfällt
Mit jedem Atemzug befördert die Lunge frische Luft in den Körper, damit der lebenswichtige Sauerstoff aufgenommen werden kann. Doch eingeatmete Schadstoffe schwächen die Lunge. Dabei ist Tabakrauch besonders schädlich: So ist Rauchen die Hauptursache für Lungenkrebs. Doch auch Nichtraucherinnen und Nichtraucher können an einem Lungenkarzinom erkranken.
«Jede Anstrengung, mit Rauchen aufzuhören, ist gut», sagt PD Dr. med. Jürgen Hetzel, seit April 2020 Chefarzt der Klinik für Pneumologie. Das Kantonsspital Winterthur bietet deshalb eine individuelle Rauchstoppberatung an, um Raucherinnen und Raucher auf ihrem Weg in eine rauchfreie Zukunft zu unterstützen. Diese Beratungen verbinden Elemente der Verhaltenstherapie mit medikamentöser Unterstützung. «Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Rauchstoppbegleitung ist aber in jedem Fall die Motivation der Betroffenen», sagt Jürgen Hetzel.
Optimale individuelle Betreuung
Erkrankt eine Patientin oder ein Patient an Lungenkrebs, können heute Heilungschancen und Lebensqualität deutlich verbessert werden. Möglich geworden ist dies dank grosser Fortschritte bei den diagnostischen und therapeutischen Verfahren, wie sie auch am Lungentumorzentrum zum Einsatz kommen. Moderneste bildgebende Verfahren schaffen Klarheit über Grösse und genaue Lage eines Tumors, die Art des Tumors wird anhand von Gewebeproben bestimmt. Die Behandlung besteht häufig in einer Kombination von Operation, Medikamenten und Strahlentherapie. Sie wird am Tumorboard mit sämtlichen Fachleuten, die in die Behandlung involviert sind, auf jede Patientin und jeden Patienten individuell abgestimmt.
Pionier auf dem Gebiet der Lungenspiegelung
In der Diagnose und auch in der Behandlung von Lungenkrebs schafft ein Verfahren deutliche Verbesserungen, das Chefarzt Jürgen Hetzel zusammen mit seinem Bruder, ebenfalls Pneumologe, entwickelt hat. Kryobiopsie nennt sich die inzwischen weltweit anerkannte Methode, bei der mit einem tiefgekühlten Metallstift auf schonende Weise Gewebe von hervorragender Qualität entnommen werden kann. Von diesen Tumorzellen wird anschliessend die Erbsubstanz untersucht. Diese präzise Diagnose schafft die Voraussetzung für eine neuartige Behandlung: die zielgerichtete medikamentöse Therapie. Diese nimmt exakt die Schwachstellen des Tumors ins Visier. Die Kryotechnik kann auch eingesetzt werden, um Gewebe abzutragen, wenn der Tumor in die zentralen Atemwege wie die Luftröhre wächst und die Atmung erschwert.
Dass die Lunge ein lebenswichtiges Organ ist, hat das zurzeit grassierende Coronavirus eindrücklich vor Augen geführt. Doch auch in normalen Zeiten sind Lungenkrankheiten von grosser Bedeutung. Neben Lungenkrebs gehören obstruktive Lungenerkrankungen (COPD, Asthma), aber auch Lungenentzündungen zu den häufigsten Krankheitsbildern. Oft erfahren die Betroffenen eine erhebliche Einschränkung ihrer Lebensqualität. Das Team der Klinik für Pneumologie am KSW ist bestens vorbereitet, um für das gesamte Spektrum an Lungenkrankheiten, Atemwegserkrankungen und schlafbezogenen Atmungsstörungen die bestmögliche Behandlung zu garantieren.
«Die Lunge ist ein sensibles Organ»
Interview mit PD Dr. med. Jürgen Hetzel, Chefarzt Klinik für Pneumologie
Was fasziniert Sie an der Pneumologie?
Erkrankungen, welche die Lunge und die Atmung betreffen, sind in der Bevölkerung nicht nur weit verbreitet, sondern auch relevant: Lungenkrebs, aber auch chronische obstruktive Lungenerkrankungen (COPD) und Lungenentzündungen zählen zu den häufigsten Todesursachen überhaupt. Zudem sind die Patientinnen und Patienten vom belastenden Symptom der Atemnot betroffen. Dass ich mit meinem Wissen vielen Menschen helfen kann, ist sehr erfüllend.
Heisst das, die Lunge ist ein besonders anfälliges Organ?
Es ist erstaunlich, dass die Lunge, obwohl sie intensiven Kontakt mit der Umwelt hat, nicht häufiger erkrankt. Bedeutsam ist, dass die Lunge sehr vielfältig erkranken kann, durch Infektionen, Allergien, Tumorerkrankungen, Durchblutungsstörungen, Bindegewebsstörungen (Lungenfibrose), Schädigung durch Schadstoffe, aber auch Atmungsstörungen. Dies erklärt, weshalb die Lunge manchmal auch als Spiegel des Körpers bezeichnet wird.
Sie haben eine Methode mitentwickelt, die erfolgreich bei der Lungenspiegelung angewendet wird. Sind Sie auch ein Tüftler?
Bei der Wahl des Studienfachs musste ich mich zwischen Physik und Medizin entscheiden. Ich wählte Medizin, doch die Physik interessiert mich bis heute. Und das kommt mir in der Pneumologie zugute. Die Methode der Kryobiopsie oder auch die 3-D-Navigation, die wir bei der Behandlung von Lungentumoren entwickelt haben, ist angewandte Physik – zum Wohl der Patientinnen und Patienten.